Wolfgang George, Prof. Dr.

Diplompsychologe und Krankenpfleger

Aktuelle Arbeitsschwerpunkte: Versorgungsforschung, Gestaltung von Gemeinwohlökonomie in Form von Genossenschaften, Entstehung und Leben im Anthropozän

Verheiratet, 3 Kinder, 5 Enkel, 64 Jahre, Langstreckenläufer, wohnt in Gießen

Nach einer Ausbildung/Zivildient (Krankenpflege) und Psychologiestudium (Diplom- und Doktorarbeit zu den Sterbebedingungen in Krankenhäusern). Beratertätigkeit im Gesundheitswesen (MeSeGe) mit dem Ziel der verbesserten Integration und Stärkung der Betroffenen (Patienten und Angehörige) im Behandlungsprozess. Honorarprofessor an der Technischen Hochschule Mittelhessen (THM) (Lehre: Ethik & Technikfolgenabschätzung)


Kapitel: “Grenzen des Wachstums: Eigene Endlichkeit”


Die Zukunft der Zivilisation kann nur dann gelingen, wenn eine Anthropologie formuliert wird, welche die Endlichkeit des menschlichen Lebens in das politische und gesellschaftliche Handeln einbezieht. Wir leben in der Epoche, in welcher die Neben-, Folge- und Spätwirkungen der Utopie eines unbegrenzten Wachstums die Menschheit einholt.

Als äußere Kennzeichen dieser Epoche gilt es den Verlust von Biodiversität, die nicht länger übersehbaren Verletzungen der Umwelt (Boden, Luft, Wasser, Ökosysteme) den sich nicht länger zu verleugnenden Klimawandel u.v.a.m. zu berichten. Die politischen, gesellschaftlichen und sozialen Krisen sind sowohl Ursache als auch Folge und untrennbar mit den „äußeren Kennzeichen“ verbunden.

Bis noch vor wenigen Jahr (-zehnten) schienen – zumindest für den unbedarften Beobachter – die verschiedenen geophysikalischen, biologischen und auch gesellschaftlich-sozialen Systeme, deren Strukturen und Funktionen die durch Menschen und deren Zivilisationen vorgetragenen Einflussnahmen auf den natürlichen und sozialen Handlungsraum kompensieren – zumindest im „unsichtbaren“ – halten zu können. Positive Utopien wie die vermeintliche Aufhebung des Ost-Westkonfliktes und den Versprechungen des Internets (globale Gemeinde) trugen dazu bei, die längst sichtbaren Verwundungen als bloße „Herausforderungen“ zu interpretieren. Jetzt scheint der Lack ab die Schadstellen bedrohen immer vehementer die Gesamttüchtigkeit.

In den letzten Jahren, wurden zunehmend dekompensierende (Teil-) Systeme beschrieben. Dies betrifft nicht nur ein in Bewegung geratenes Grönlandschild, Rekordwerte der Treibhausgase und Erderwärmung, Verlust an Saatgut und Arten, zoonotische Erreger die in der Lage sind eine Pandemie auszulösen, sondern etwa auch eine zusehend ungleiche Vermögensverteilung und damit einhergehende Lebenschancen zwischen und innerhalb der Staaten. Mögliche Kippelemente – nicht zuletzt aufgrund Rückkopplungseffekten möglich – wurden beschrieben und in die Diskussion eingebracht d.h. ab wann nutzt wohl keine kausal wirksame Therapie und Kur und es bleibt wohl eher eine palliative Situation.

Was in Bezug auf den Klimawandel, den Artenverlust, der Einhegung der Pandemie und deren Folgen, längst Gegenstand wissenschaftlicher, gesellschaftlicher und auch politischer Diskussion ist, bedarf einer – weit stärker als bisher – vorgetragenen Analyse und Debatte des all dies verursachenden problematischen menschlichen Verhaltens.

Zwar eint die Einsicht, dass es maßgeblich die Menschen – in ihrem individuellen, wirtschaftlichen und politischen (Fehl-) Verhalten – sind, die als Verantwortliche der aktuellen Krisen des Planeten auszumachen sind, zugleich bleibt es bis heute im Ungefähren, welche genaueren sozialen, psychologischen, biologischen, kulturellen Fehlleistungen hierzu führen. Kurzum es bedarf dringend einer Gesamtbewertung der conditio humana die dann als Ausgangspunkt einer Anthropologie des Antropozäns dienen kann. Das weitgehende Fehlen dieser überfälligen Analyse kann als ein Hinweis darauf verstanden werden, wie sehr die einzelnen Disziplinen überfordert sind.

So bleibt es überraschend, dass einen Weltklimarat oder auch einen Weltbiodiversitätsrat gibt, ein vergleichbares Format, in welchem die menschlichen – besser anthropologischen – Ursächlichkeiten analysiert und was aus den erkennbaren Defiziten und sich offensichtlich wiederholenden Fehlleistungen für Konsequenzen zu ziehen sind, bleibt nahezu vollständig aus. Dabei sind beide Schritte notwendige Voraussetzungen für jegliches Revirement! Als Konsequenz der Erkenntnis um den offensichtlichen Schaden, müsste innegehalten und wohl auch getrauert werden, anstelle agitiert die Lebensgeschwindigkeit weiter zu erhöhen.

Im Text wird der These nachgegangen ob und auf welchem Weg die weitgehend fehlende Auseinandersetzung mit der Endlichkeit – für den einzelnen Menschen, der (Welt-) Gesellschaft – auf die Art wie der Planet Erde beansprucht wird Auswirkungen besitzt. Das diese nur scheinbar gelungene Verleugnung eine der Voraussetzungen war, die zur Entstehung des Anthropozäns wesentlich beigetragen hat. Hierzu wird u.a. auch auf die Ergebnisse der empirischen Studie zur Eigenen Endlichkeit aus dem Jahr 2020 Rückgriff genommen. Nicht zuletzt um die Frage versuchen zu beantworten welche konkreten Konsequenzen und möglichen Auswirkungen mit einer „politischen Anerkennung“ der menschlichen Endlichkeit einhergehen müssten.

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Wolfgang George

Projekt: Avenue-Pal

Ein Projekt zur Verbesserung der Situation von Menschen in ihrer letzten Lebensphase