Zur menschlichen Angst in Entstehung und Auseinandersetzung mit dem Anthropozän

Die Bedeutung des Einflusses menschlicher Angst sowohl in der Entstehung, dem Erhalt, vor allem aber in der Auseinandersetzung mit den Auswirkungen des Anthropozäns, wie Klimawandel, Biodiversitätsverlust, sozialen Ungleichheiten und anderen Symptomen, ist bis heute nicht angemessen untersucht. Soll deren Einfluss unter funktionaler Zuordnung präzisiert werden, gilt es neben dem zeitlichen Verlauf auch die soziale Wirkfläche zu definieren. Für die eingeführten Thesen sollen vier soziale Manifestationen der Angst unterschieden werden: das Individuum, mögliche Gruppen, wirtschaftliche Unternehmen, westliche Gesellschaften.  Auch bedarf es einer Definition dessen, was an dieser Stelle unter Angst zu verstehen ist. Dies begründet sich vor dem Umstand, dass bis heute unterschiedliche Akzentuierungen verwendet werden. Angst soll hier als ein durch äußere wie innere Reize verursachter von negativen Kognitionen begleiteter physiologischer Erregungszustand verstanden werden, in dessen Folge unterschiedliche kurz- und auch längerfristige Verhaltensweisen – vom Erstarren, Passivität, Rückzug bis hin zur Flucht oder Aggression – zu beobachten sind. Nicht nur für die Emotionspsychologen und Verhaltensforscher gehört die Emotion Angst als Reaktion auf real oder auch vermeintlich Bedrohliches zu einer der notwendigen Grundmerkmale der menschlichen Art, die dessen Überleben in der Evolution mitentscheidend, erst ermöglichte und bis heute eine Schutzfunktion besitzt. Zugleich kann der historische, zivilisatorische, politische, technische und gesellschaftliche Fortschritt als ein beständiges Programm der Reduktion unterschiedlicher Ursachen der Angst aufgefasst werden. Angst etwa vor physischer Vernichtung durch Gewalt, Krieg, Hunger, Krankheiten ist ebenso weitgehend rückgeführt, wie diejenige die aus sozialer Repression und Ausgrenzung folgt. Diese Ursachen sind auf ein nie gekanntes minimales Maß in zumindest unserem Teil der Welt reduziert.

Angstpräferenzen

Es ist Gegenstand täglicher Berichterstattung, dass trotz der zivilisatorischen Erfolgsgeschichte der Angstminderung, zusätzlich zu den nie überwindbaren Ängsten, scheinbar neue hinzugetreten sind. Um dieses vermeintliche Paradox zu klären, soll an dieser Stelle nur kurz an das einfache, hierarchische Bedürfnis- und Motivationsmodell von Abraham Maslow erinnert werden. Durch dessen Anwendung wird leicht erklärbar, dass menschliche Bedürfnisse und Motivation leicht in einem „immer mehr“ münden können. So wird es möglich, dass z.B. Autofahrer eine – eigentlich neurotische – Angst dahingehend entwickeln können, dass ihnen der eigene Porsche (als Sinnbild des Materiellen) genommen werden könnte, zumindest nur noch 130 gefahren (als Sinnbild der Regel) werden dürfe. Für diese ist es entlastend, dass auch unter der neuen Regierung 2021 die Maxime „Freie Fahrt für freie Bürger“ weiterhin gültig ist. Die von Menschen subjektiv empfundene z.T. auch objektiv erlittene Angst in einen erklärenden und kontextuierenden Rahmen zu bringen, ist diesem – zugegeben etwas plumpen Beispiel folgend – offensichtlich notwendig. Zur Klarstellung und um das Folgende zu schärfen soll an dieser Stelle darauf dezidiert verwiesen werden, dass unabhängig ob Realangst oder subjektive Angst:

die Auseinandersetzung mit deren möglichen Ursachen, Prävention und Behandlung ist eine beständige soziale, psychologische, kulturelle und damit eben auch gesellschaftliche Herausforderung bzw. bedarf bestmöglicher Lösungen!