Sterbehilfe

Suizid und Sterbehilfe – Allgemeines

Was ist Sterbehilfe im Rahmen der Palliativmedizin?

Die Palliativmedizin befasst sich mit Therapieentscheidungen, bei denen über ein Weiterleben des Patienten oder ein Zulassen des Sterbens unter einer palliativen Versorgung entschieden wird. Immerhin werden mit der Palliativmedizin Maßnahmen unterlassen, damit der Patient sterben kann.

Arten der Sterbehilfe

Die Sterbehilfe lässt sich in zwei Bereiche unterteilen:

  1. Sterben durch die Hand eines Menschen – Tötung und Selbsttötung
    • Aktive Sterbehilfe / Tötung auf Verlangen
      • Aktive Sterbehilfe bezeichnet die direkte Tötung auf Wunsch des Patienten. Durchgeführt wird die Tötung durch einen Dritten, beispielsweise dem behandelnden Arzt. Er verarbeicht dem Patienten Medikamente, wodurch der Tod herbeigeführt wird.
    • Assistierter Suizid
      • Beim assisitierten Suizid wird das Tötungsdelikt durch den Patienten selbst durchgeführt. Dritte, wie zum Beispiel der Arzt, stellen ihm nur die notwendigen Medikamente zur Selbsttötung bereit. Sie hindern den Suizidenten/ Patienten nicht an der Tat und leisten anschließend auch keine Hilfe.
    • indirekte Sterbehilfe / Therapie am Lebensende
  2. Sterben zulassen
    • Passive Sterbehilfe / Sterben lassen
      • Als indirkeite Sterbehilfe wird die Gabe von Medikamenten bezeichnet, die zwar das Leiden des Patienten lindern, aber gleichzeitig als Nebenwirkung lebensverkürzend sind.
    • Sterbebegleitung
      • Im Gegensatz zu den anderen Formen der Sterbehilfe umfasst die Sterbebegleitung nicht die Lebensverkürzung oder -beendigung. Damit gemeint ist pflegerischer, schmerzlindernder, psychosozialer und spiritueller Beistand des Erkrankten.

Gesetzliche Lage

Jede Form der Sterbehilfe, ohne ausdrücklichen Patientenwillen, die den Tod des Patienten als Folge hat, wird als Totschlag oder Mord aufgefasst und auch als solches bestraft.

Aktive Sterbehilfe

Die aktive Sterbehilfe, auch wenn sie Wille des Patienten ist, ist in Deutschland verboten. Nach §216 des Strafgesetzbuchen, kann sie mit einer Freiheitsstrafe von bis zu 5 Jahren geahndet werden. Erlaubt ist die aktive Sterbehilfe nur in den Niederlanden, Belgien, Luxemburg, Kanada, sowie einigen US-Staaten. Dafür gelten jedoch strenge gesetzliche Vorlagen.

Passive Sterbehilfe

Die passive Sterbehilfe ist in Deutschland seit einem Urteil des Bundesgerichtshofes von 2010 erlaubt, sofern der Patient explizit zustimmt. Ein Widerspruch gegen Lebensverlängernde Maßnahmen ist jederzeit, ohne Betrachtung der Schwere einer Krankheit möglich.

Der Wille über die Beendigung Lebensverlängernder Maßnahmen kann außerdem im Voraus in einer Patientenverfügung geregelt werden.

Indirekte Sterbehilfe

Das Lindern von Leiden unter Nebenwirkungen der Lebensverkürzung ist in Deutschland straffrei. Somit ist auch die indirekte Sterbehilfe in Deutschland legal.

Assistierter Suizid

In der Gesetzgebung über den assistierten Suizid gab es in den letzten Jahren einige Änderungen. Im Februar 2020 wurde der §217 des Strafgesetzbuches, der geschäftsmäßig durchgeführten assistierten Suizid verboten hatte, für nichtig erklärt. Seitdem ist der assistierte Suizid in Deutschland wieder erlaubt.

Suizid und Sterbehilfe- Was kann ich tun?

Warum gibt es Sterbehilfe?

Die Palliativmedizin sorgt dafür, dass das Leiden einer Krankheit möglichst gut reduziert wird. Dadurch wird oft ein lebenswertes Leben zurückgewonnen. Jedoch ist die palliative Behandlung nicht auf Heilung ausgelegt.

Krankheiten wie Multiple Sklerose (MS) oder Amyotrophe Lateralsklerose (ALS) sind für viele Patienten sehr einschränkend. Der gesundheitliche Zustand ist auch häufig eine Berg-und Talfahrt. Dadurch haben viele Menschen Angst in einen Zustand völliger Unmündigkeit und Abhängigkeit zu geraten. Sie leiden trotz bester Behandlung und können das Leben nicht mehr genießen. Die Sterbehilfe ermöglicht eine letzte eigenmächtige Entscheidung, sollte der Betroffene das Leben nicht mehr als lebenswert erachten.

Was soll ich tun, wenn das Thema Sterbehilfe auftritt?

Zuerst einmal sollten Sie nicht erschrecken, wenn Ihr Angehöriger diesen Wunsch äußert. In einer Phase, in der Ihr Angehöriger mit einer unheilbaren Krankheit und deren Konsequenzen zu kämpfen hat, kann dies durchaus vorkommen.

Mehrere Gründe kann es für den Wunsch nach dem eigenen Tod geben: Viele Betroffene haben Angst vor vollkommener Unmündigkeit und dem Gefühl, auf andere angewiesen zu sein. Sie wissen, dass es unweigerlich darauf hinausführt und eine Verschlechterung des Zustandes nur noch eine Frage der Zeit ist. Die Entscheidung über die Art zu sterben bringt eine letzte Autonomie über den eigenen Körper und das eigene Leben. So können die Menschen ihrer Ansicht nach in Würde und selbstbestimmt sterben. Außerdem kann nur der Betroffene für sich entscheiden, was ein lebenswertes Leben ist.

Eine andere Situation sind Erkrankte, welche aufgrund starker Schmerzen oder psychischer Erkrankungen Sterbehilfe wünschen. In solchen Fällen kann es sein, dass palliativmedizinische Behandlungen, wie die Medikamentengabe, noch nicht angepasst sind. Durch Palliativmedizin können Schmerzen reduziert und dem Erkrankten auch psychisch und sozial geholfen werden. Jedoch lässt sich durch die Palliativmedizin die Krankheit nicht heilen.

Wie kann ich meinem Angehörigen helfen?

Direkt helfen können Sie Ihrem Angehörigen in dieser Situation leider nicht. Viele versuchen den Betroffenen von seiner Meinung abzubringen indem gesagt wird: “Du hast doch eigentlich ein ganz gutes Leben.” Letztendlich kann aber nur der Betroffene entscheiden, wann und wie er sein Leben als gut und lebenswert erachtet. Auch wenn es schwer fällt, versuchen Sie die Entscheidung zu akzeptieren. Unterstützen Sie Ihn und leisten Sie ihm Beistand in dieser Situation.

An wen kann ich mich bei diesem Thema wenden?

Als ersten Ansprechpartner können Sie sich an den Hausarzt wenden. Er kann feststellen, ob die palliative Behandlung und Schmerztherapie verbessert werden muss. Außerdem untersucht er auf mögliche psychische Erkrankungen und kann diese ausschließen oder behandeln. Sofern alle Bedenken ausgeschlossen werden konnten, kann der Hausarzt anschließend die Sterbehilfe anbieten.

Es existieren auch viele weitere Beratungsstellen, die auf Palliativmedizin spezialisiert sind. Es gibt verschiedene ambulante Versorgungsteams für Palliativpatienten und viele Krankemhäuser besitzen Palliativstationen auf denen in der palliativmedizin weitergebildete Ärzte arbeiten. In größeren Städten finden sich auch Pflegestützpunkte, die Beratung anbieten.

Literatur

  1. Thöns, Matthias; Sitte, Thomas. Repetitorium Palliativmedizin. Springer Medizin. 2013.
  2. Dignitas Deutschland e.V. DIGNITAS – Menschenwürdig leben – Menschenwürdig sterben (Sektion Deutschland). 9. Auflage. 2020. http://www.dignitas.ch/images/stories/pdf/digde/digde-informations-broschuere-dignitas-deutschland.pdf
  3. Homepage Dignitas – Menschenwürdig leben- Menschenwürdig sterben. 2021. http://www.dignitas.ch/
  4. Exit (Deutsche Schweiz). Selbstbestimmt bis als Lebensende. 2. Auflage. 2021. https://exit.1kcloud.com/ep15e6764e64899b/#0
  5. Urteil vom Bundesgerichtshof vom 25. Juni. 2010. http://juris.bundesgerichtshof.de/cgi-bin/rechtsprechung/document.py?Gericht=bgh&Art=en&sid=9dfa97cecf84ca7432832ac5d1319cef&nr=52999&pos=0&anz=3
  6. Bundesamt für Justiz. Strafgesetzbuch (StGB). § 216 Tötung auf Verlangen. https://www.gesetze-im-internet.de/stgb/__216.html
  7. Bundesverfassungsgericht. Verbot der geschäftsmäßigen Förderung der Selbsttötung verfassungswidrig. Pressemitteilung Nr. 12/2020 vom 26. Februar 2020.
  8. Bergemann, Wiebke. Der Streit um die letzte Würde. Mein-Erbe-tut-Gutes. Das Prinzip Apfelbaum. https://magazin.mein-erbe-tut-gutes.de/impulse/sterbehilfe-streit-um-die-letzte-wuerde/